Waldbaden. Nein, das bedeutet nicht etwa mit Schwimmzeug in einen Waldsee tauchen. Zum Waldbaden braucht man sich nicht auszuziehen. Und man kommt auch nicht mit Wasser in Berührung. Wir haben den Genuss des Waldbaden von den Japanern abgeschaut, die in ihrem waldreichen Land gerne einen erfrischenden Sprung in den Wald machen. Dort nennt man es ‚Shinrin Yoku‘. Laut ihrer Erkenntnisse wird man dadurch gesünder, fitter und glücklicher. Die Försterin Marijke Barhorst (48) weiß darüber genau Bescheid. In den kalten Monaten, wenn es auf ihrer Insel ruhig ist, nimmt sie die Inselbesucher mit in den Wald, um ihnen das Erlebnis des „Waldbadens“ zu vermitteln.
Unter Waldbaden ist laut ihrer eigenen Beschreibung das „Eintauchen in die Atmosphäre des Waldes“ zu verstehen. Marijke, lachend: „Manchmal kommt es vor, dass Menschen irgendeine Badewanne erwarten, aber dem ist nicht so. Wir tauchen einfach in den Wald ein.“ Marijke entdeckte dieses Phänomen rein zufällig, als sie einen Spaziergang machte mit einer Expertin im Waldbaden. „Sie erzählte mir über das langsamere Tempo beim Gehen, und wie anders man den Wald empfindet und die Sinne einsetzt. Und genau so, ganz meinem Wesen nach, mache ich es auch immer, wenn ich im Wald spaziere. Wie schön ist es, wenn man dieses Erlebnis mit anderen Menschen teilen kann!“
Marijke unternimmt das Waldbaden nicht im Sommer, sondern vorzugsweise während der kälteren Monate, wenn es ruhiger ist und die Menschen wirklich die Stille und Ruhe zwischen den Nadel- und Laubbäumen auf der Insel erleben können. Das Waldbaden beginnt immer auf einer Lichtung im Wald. „Und dann bitte ich die Leute gleich, ihr Handy auf Flugmodus zu stellen und vor allem der Versuchung zu widerstehen, Fotos zu machen. Denn selbst mit eigenen Augen hinzuschauen, ist viel schöner.“
Dann beginnt die Wanderung im Schneckentempo, erklärt sie. „Übertrieben langsam gehen, wir schauen dabei auf den Boden und konzentrieren uns auf das Abrollen der Füße... So erlebt man den Moment in vollen Zügen. Wir riechen an den Nadelbäumen und wenn wir an eine Stelle kommen, wo viele Vögel sind, lauschen wir besonders gut. Eine Weile stillstehen. Ich erzähle unterdessen nur wenig und lasse die Menschen vor allem sehr viel erleben.“
„Wir betrachten die Umgebung auch auf eine ganz andere Art und Weise. Viel genauer. Habt ihr zum Beispiel schon einmal bemerkt, wie außergewöhnlich es aussieht, wenn ein abgebrochener Ast zwischen anderen Ästen hängen bleibt? Solche Dinge sieht man nicht, wenn man 'nur' wandert, aber man sieht sie, wenn man wirklich um sich herum schaut.“
Das erfrischende Waldbaden endet immer mit einer echt frischen Note. „Es ist so schön zu sehen, die Leute am Ende herauszufordern, ein kleines Stück barfuß zu gehen. Vorzugsweise auf Moos, wie Wolfsflechte, das knistert so herrlich. Ein einzigartiges Erlebnis, denn wie oft macht man das schon? In der Kälte barfuß im Wald spazieren?“